Seit der Lockerung der Gesetze und Vorschriften für das Gastgewerbe haben sich verschiedene Brenner in das Geschäft mit der Erlebnis-Gastronomie vorgewagt. Um hier etwas über die Tresterwurst hinaus zu kommen, haben wir herumgefragt, was sonst noch im Brennkessel gegart wird. Dazu kamen eigene Kochexperimente mit verschiedenen Brennschlempen. Die beteiligten Testverkoster lieferten zusätzliche Tipps und Ideen, um dann wieder die Resultate probieren zu können. So entstand mit der Zeit die vorliegende kleine Rezeptsammlung.
Die Brenner haben schon immer etwa eine Brühwurst im Dephlegmatorwasser aufgewärmt oder eine Rauchwurst auf dem Traubentrester gegart. So wurde die Saucisson vaudois zur klassischen Tresterwurst. Daraus entwickelte sich eine brennergastronomische Aktivität, die im Spätherbst in den Weinbaugebieten sehr populär geworden ist. Aber auch abdestillierte Obstmaischen (Schlempen) haben ein Potenzial zur kulinarischen Zweitnutzung.
Beizen oder Garen?
Schlempen können zum Kochen Schmoren, Wärmen oder Beizen von Fleisch und Wurstwaren genutzt werden. Sie dürfen dann aber beim Einmaischen nicht angesäuert werden. Das Obst bringt genug Säure. Wird der Nachlauf nicht abdestilliert, bleiben wertvolle Aromastoffe in der Schlempe. Je nach Gargut muss die Schlempe gesalzen werden (0.5–1.5%), sie kann und soll auch gewürzt werden. Nicht angesäuerte Schlempe von kleinem blaurotem Steinobst (Löhrpflaumen, Ziparten, Damassinen) entsprechen im pH, dem Säuregehalt und der Farbe einer Weinbeize und können also gewürzt und gesalzen zum kalten Einbeizen von rotem Fleisch verwendet werden. Dabei sollte etwa 10% Alkohol aus einem entsprechenden Frucht- oder Nachlaufbrand zugesetzt werden. Das schützt die Beize und das eingelegte Fleisch vor Mikrobenwachstum. Helle Mirabellenschlempe und säurearme Birnenschlempen eignen sich zum Schmoren von Geflügel, Schweinefleisch und Siedfleisch vom Rind. Am meisten Farbe geben Schlempen von schwarzen Kirschen ab. Der Farbstoff verbindet sich stabil mit dem Fleischprotein. Rohes Fleisch und Weisswürste werden dunkelrot bis schwarz. Geräuchertes Fleisch und geräucherte Würste nehmen weniger Blaue Zwetschgen und Pflaumen geben weniger ab, vermitteln aber attraktiven rotvioletten Farbton. Kernobstschlempen geben mehr Säure und Farbe ab. Dies ist interessant bei Geflügel und zum Birnenschlempen haben weniger Säure als Apfelschlempen, der Säuregehalt Birnen ist allerdings je nach Sorte sehr verschieden.
Kessel oder Küche?
Es ist reizvoll, direkt im Brennkessel zu kochen. Das bringt aber einige Probleme bezüglich des sicheren Einhängens des Garguts. Abgefallenes Fleisch lässt sich in einem grossen Brennkessel kaum mehr finden. Schlempe kann aber auch in kleineren Mengen für die Küche beiseite gestellt werden. Im Kühlraum ist sie einige Tage haltbar. Auch Einfrieren ü ber einige Monate ist problemlos. Werden grössere Mengen Fleisch oder Würste im Brennkessel aufgewärmt oder gegart, braucht es eine genaue Temperaturkontrolle mit einem Maischethermometer. Auch ist auf eine gute Wärmeverteilung in der Schlempe zu achten, da diese nicht immer sehr flüssig ist.
Das Aufwärmen von Würsten und Garen von Fleisch auf dampfendem Traubentrester ist gängige Praxis. Dabei gehen Tresteraromen auf das Gargut über. Der Trester muss immer ein wenig geheizt werden, damit das Gargut vom Dampf umströmt wird. Die Aufwärmzeit richtet sich nach der Stückgrösse. Bei zu starkem Dämpfen können Würste aufplatzen.
Nach dem Garen oder Dämpfen von Fleisch und Würsten im Brennkessel muss dieser geschrubbt und gut gereinigt werden. Auch in den oberen Teilen des Brennkessels und in der Kolonne können sich Fette und Raucharomen festsetzen. Zum Entfernen von Fett wird die Brennblase mit einem basischen Reinigungsmittel (Lauge) gefüllt und etwas aufgewärmt. Mit einer Bürste können die Blase und der Helm gereinigt werden. Die Kolonne muss von oben mit Lauge durchgespült werden. Nach der Reinigung gut ausspülen und dann das Brenngerät ausdämpfen.
Appenzeller Siedwürste und Schüblig in Kirschenschlempe
Rezept der Schnapsverkostertage in Walzenhausen
Die abdestillierte Maische (Schlempe) zuerst salzen (1%), damit die Würste nicht ausgelaugt werden. Appenzeller Siedwürste sind Rohwürste mit feinem Brät. Sie werden in der Kirschenschlempe bei genau 70 °C während 45 bis 60 Minuten gebrüht. Die Würste müssen sich dann prall anfühlen. Schüblig und andere Brühwürste sind schon gebrüht und ertragen beim Aufwärmen Temperaturen zwischen 75 und 80 °C. Die angegebenen Temperaturen müssen genau eingehalten werden. Bei höherer Temperatur platzen die Würste.
Damit die Maische gleichmässig auf der Temperatur gehalten werden kann, müssen Wurstwaren so in die Brennblase gegeben werden, dass die Maische von Hand oder mit dem Rührwerk immer wieder aufgerührt werden kann, ohne das Gargut zu verletzen. Die Würste werden deshalb an einer Schnurschlaufe an den Rand der vollen Brennblase gehängt. Würste mit Schnurschlaufe beim Metzger bestellen. Die hellen Siedwürste werden durch den Kirschenfarbstoff attraktiv schwarz und sehen aus wie Blutwürste. Geräucherte Brühwürste nehmen die Kirschenfarbstoffe weniger gut auf.
Geräucherter Schweinehals in Kirschmaische
Rezept der Spezialitätenbrennerei Humbel, Stetten (AG)
Geselchter und schwach geräucherter Schweinshals, etwa 2.5 kg, wird in einem Hanf- oder Drahtnetz in die kalte Kirschmaische eingeängt. Die Maische wird aufgeheizt und normal destilliert.
Nach etwa 2 bis 21/2 Stunden, beim Umschalten auf Nachlauf, wird das Fleisch herausgenommen. In kleineren Brenngeräten wird der Nachlauf nicht abdestilliert und das Fleisch bis zum Garpunkt in der Schlempe gelassen. Der Schweinehals ist vom Kirschenfarbstoff fast schwarz und schmeckt hervorragend.