Nach dem der letzte Artikel über das herstellen von Absinth bei vielen von Euch auf grosses Interesse gestossen ist wurde ich gebeten, daraus eine kleine Serie zu machen. Internationale Spezialitäten stehen hoch im Kurs und für uns Kleinbrenner haben solch exotische Namen meist nicht viel Interessantes – auf den ersten Blick jedenfalls. Meist verbirgt sich hinter dem Gattungsnamen jedoch ein Produkt, das auch bei uns bekannt ist und auch gerne getrunken wird.
Aquavit kommt aus den nordischen Ländern Europas und der Hauptbestandteil der mitdestillierten „Drogen“ ist Kümmel. Unter dem Namen Aquavit sind fast alle einheimischen Spirituosen Skandinaviens im Handel. Als Heimat des bekannten Klaren mit dem Kümmelaroma gilt Dänemark (dänische Schreibweise: Akvavit). Der Aquavit wird aus Korn oder Kartoffeln gebrannt, bei der zweiten Destillation kommen Kräuter und Gewürze dazu. Hauptzutat ist Kümmel, es folgen Koriander, Fenchel, Zimt, Nelken und Dillsamen. Bei einigen Sorten ist der Dill sogar geschmacksbestimmend. Der Name „Aquavit“ kommt vom lateinischen Aqua Vitae, dem Wasser des Lebens. Heute ist Aquavit zum Gattungsbegriff geworden, zum Beispiel bezeichnet man in Italien alle Branntweine als „Acquavite“. Der Zusatz „Dänischer“ beim Aquavit ist eine geschützte Herkunftsbezeichnung.
Die genaue Definition laut Jonatan Schenk lautet:
„Aquavit wird aus hochrektifiziertem, sehr reinem (96 % Vol.) und fast geschmacksneutralem Alkohol landwirtschaftlichen Ursprungs (z.B. Getreide oder Kartoffeln) hergestellt. Dazu wird dieser mit Wasser, Kümmel und/oder Dillsamen und einer markenspezifischen Gewürzmischung (u. a. Koriander, Fenchel, Zimt, Nelken, Dill) destilliert. Die Zusammensetzung der jeweiligen Gewürzmischung bestimmt den Charakter der einzelnen Marken.“
Natürlich dürfen wir Kleinbrenner keinen Reinalkohol zur Herstellung verwenden, ein frischer Apfelbrand eignet sich dazu aber genau so gut, nimmt er dem Produkt doch seine leichte, aber typische „dumpfheit“ die bei längerem ansetzen (mazerieren) aus dem Kümmel kommt. Nach dem Ansetzen (mazerieren) der Gewürzmischung wird der Alkohol mit den Gewürzen (verdünnt auf etwa 40 Vol %) zuerst kurz auf rund 45 Grad im Brennkessel erhitzt (ca 30 minute) und anschliessend behutsam abdestilliert. Wie bei jedem Feinbrand trennen Sie Vor- und Nachlauf ab. Gerade bei so Geruchsintensiven Produkten ist es ratsam, den Nachlauf in kleinen Fraktionen aufzufangen und in Ruhe nach dem Brennvorgang abzuriechen. Erst dann entscheiden Sie , welche Teile Sie noch zum Herzstück geben und welche zum Nachlauf.
Einen besonderer Klassiker stellt „Linie Aquavit“ dar. Linie Aquavit aus der norwegischen Destillerie Arcus reift während einer 19wöchigen Äaquatorüberquerung in gebrauchten Holz- bzw. Sherryfässern. Es wird behauptet, dass die ständige Bewegung des Fasses, die Temperaturschwankungen und die Seeluft dem Produkt seine angenehme Milde und Abrundung geben. Noch heute wird auf jeder Flasche Linie Aquavit der Name des Schiffes vermerkt, auf dem das Produkt den Äquator überquert hat.
Während Aquavit, wenn überhaupt im Fass ausgebaut, meist in normalen Eichenfässern reift, werden vereinzelt auch gebrauchte Sherryfässer verwendet. In Deutschland trinkt man „den Kümmel“ eiskalt, während in den nordischen Ländern der Aquavit durchaus bei Zimmertemperatur genossen wird.
Nach langem recherchieren bin ich auf folgendes Hausrezept gestossen:
50 Ltr. Alkohol bei 40 Vol%
7,1 kg Kümmel
350 g Koriander
350 g Sternanis
Alles klein stossen (eine alte Kaffeemühle geht sehr gut, aber nicht zu lange mahlen wegen der Wärmeauswirkung auf die Gewürze) und mit dem Alkohol für 24 Stunden ansetzten. In den Brennkessel füllen, auf rund 45 Grad erhitzen und kurz mit Wärme mazerieren lassen (30 min). Je länger Sie auf Temperatur mazerieren lassen, desto intensiver wird das Aroma werden. Anschliessend behutsam abdestillieren.
Viel Spass beim ausprobieren wünscht Euch Euer
Arthur Nägele